So selten wie diese Woche habe ich vermutlich fast noch nie gebloggt. Seinskrise klingt furchtbar melodramatisch und so schlimm war es dann doch nicht, aber als ich am Mittwoch aufgewacht bin und Ansgar bereits den Fernseher eingeschaltet hat, dachte ich, ich träume noch. Bilder von Donald Trump starren mich an, der Raum erleuchtet in einem orangenem Licht. Ok, gut, das mit dem orangenen Licht war übertrieben, aber es hätte gepasst.
Und nachdem ich dachte ‚mach einfach die Augen zu, dann ist dieser Traum bald vorbei‘, habe ich langsam verstanden, dass das hier sehr wohl die Realität ist. Nach Brexit wird jetzt also auch noch ein Trump gewählt und weil man das ganze nicht mehr rückgängig machen kann, stellt sich die Welt die Frage nach dem Wieso. Wie konnte es dazu kommen, dass die Menschen einen rassistischen, frauenfeindlichen Menschen, der sich permanent selbst widerspricht und lügt, dass sich die Balken wiegen zum mächtigsten Menschen der Welt wählen?
Hier in Europa gibt es fast ausschließlich Bestürzung über diese Entscheidung. Meine Freunde schrieben über Fassungslosigkeit, dass ihnen schlecht ist und eine meiner Freundinnen, war so bestürzt, dass sie nicht aufhören konnte zu weinen. Vielleicht war dieses Wahlergebnis gerade für uns Deutsche schlimm, weil wir jede Dokumentation über die Nazizeit gesehen haben und die Parallelen hier manchmal erschreckend nah sind. Aber das zu sagen ist eigentlich auch falsch, weil man dadurch Taten relativieren könnte und so sagt man vielleicht lieber auch nichts schlimmes, während Trump gegen Minderheiten hetzt, damit die Meute jemanden hat, auf den sie sich stürzen kann.
Überall wird man mit News und neuen Erkenntnissen überschüttet und alles kommt einen plötzlich so nichtig vor. Krieg, das ist so ein fernes Wort. So furchtbar, dass wir uns eigentlich sicher sind, dass es uns nie direkt betreffen wird. Dass hier vor weniger als hunder Jahren selbst Krieg herrschte, viele Menschen starben oder gar nicht nach hause kamen kann ich mir einfach nicht mehr vorstellen. Ich bin in einem Luxus aufgewachsen, den nur wenige andere Menschen auf der Welt erleben durften. Ist das jetzt alles gefährdet? Ich habe angefangen, Interviews zu lesen. Massenweise, ich habe fast nichts anderes mehr getan. Ich habe Interviews gefunden, die teilweise 20 Jahre als waren, wurde mir klar, was für ein unglaublicher Opportunist Donald Trump ist.
1999 sagt er bei Larry King live „I’m a registered Republican. I’m a pretty conservative guy. I’m somewhat liberal on social issues, especially health care, et cetera, but I’d be leaving another party, and I’ve been close to that party … I think that nobody is really hitting it right. The Democrats are too far left. I mean, Bill Bradley, this is seriously left; he’s trying to come a little more center, but he’s seriously left. The Republicans are too far right. And I don’t think anybody’s hitting the chord, not the chord that I want hear, and not the chord that other people want to hear, and I’ve seen it.“
Ein Interview in 1998:
- Mr. TRUMP: I’d like to see major tax cuts.
- PHILLIPS: Along the line, for what the Republicans are talking about eight hundred billion or so? Would you go that far?
- Mr. TRUMP: Along the lines of that number, yes, approximately at that number, and could even be more.
- PHILLIPS: Health care?
- Mr. TRUMP: [I’m] liberal on health care, we have to take care of people that are sick.
- PHILLIPS: Universal health coverage?
- Mr. TRUMP: I like universal, we have to take care, there’s nothing else. What’s the country all about if we’re not going to take care of our sick?
- PHILLIPS: Abortion?
- Mr. TRUMP: I hate the concept of abortion. I hate anything about abortion, and yet, I’m totally for choice. I think you have no alternative.
Donald Trump ist ein Mensch ohne Prinzipien. Ich bin mir fast sicher, dass er nicht ansatzweise so homophob oder fremdenfeindlich ist, wie er sich selbst darstellt, aber er tut genau das, was die Meute sehen will. Dreht sich wie ein Fähnchen im Wind und das macht ihn so gefährlich. Dass Hillary Clinton nur das kleinere Übel gewesen wäre, ist auch nicht wirklich ein Trost. Aber ich versuche mir einzureden, dass alles gar nicht so schlimm wird. Dass er, wie in seiner ersten Rede zurück fährt und vernünftig bleibt, jetzt, wo er Präsident ist.
Da hilft nur irgendwie weiter machen und hoffen, dass die anderen Länder nicht demütig einknicken. Dass jetzt niemand einfach so in die Ukraine einmarschiert, weil sie nicht mehr aufgehalten werden. Dass die USA und die Welt noch einen weiteren schlechten Präsidenten verkraften können. Dass Trumps schlimme Aussagen wirklich nur so polemisch waren, damit er Wähler gewinnt.
“He is one of the best, if not the best, pro-gay Republican candidates to ever run for the presidency.”
Gregory T. Angelo, president of the Log Cabin Republicans, an advocacy group for LGBT Republicans
Ich lebe seit 17 Jahren in den USA und ja, die andere Hälfte hier ist total geschockt. Leider nehmen die rasistischen Angriffe immer mehr zu weil Trump nichts dagegen tut. Ich gebe dir völlig recht, ich glaube auch nicht das er homophobic ist aber sein VP ist ein totaler schwulenhasser. Seine Agenda ist furchtbar, von conversion therapy to no legal protection rights whatsoever. He frankly is scarier than trump. Aber wir müssen zusammenhalten, da auch in Europa die Rechtsradikalen auf dem vormarsch sind. Die Uhr wurde hier 50 Jahre zurück gestellt. #strongertogether
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Ich hab fast das Gefühl, es ist schon alles gesagt worden, aber nach allem was ich so höre und lese, muss ich nur immer weiter den Kopf schütteln. Ich find es gut, dass du die Wahl auch auf deinem Blog thematisierst und bin gespannt, wie es jetzt bald weitergehen wird. Man kann ja nur das Beste hoffen – und versuchen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Vielleicht wird alles ja doch nicht so schlimm, wie alle befürchten…
Liebe Grüße,
Corinna
http://www.kissenundkarma.de
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Ehrlich gesagt hätte ich nie gedacht das er gewinnt. Ich Österreich hätte ich aber auch nie gedacht das die ganz linken und die ganz rechten fast gleichauf sind. Ich habe keine Ahnung von Politik. Was das jetzt alles ändern wird für uns in Europa bin ich gespannt. Ob es überhaupt etwas ändern wird.
Liebe Grüsse
Sylvia
http://www.mirrorarts.at
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Ich hab mich schon gewundert… Dass du die Wahl unkommentiert lässt, hätte so überhaupt nicht zu dir gepasst. Aber Worte dazu zu finden, die andere als: „Was zu Hölle?“ sind, ist auch unglaublich schwierig.
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Ich verstehe überhaupt nicht wo das Problem ist. Hättet Ihr lieber eine Killary gehabt? Eine Frau, die Geschäfte mit Saudi Arabien macht – jenem Land, wo Frauen nichts wert sind! Keinerlei Rechte haben & auf offener Straße – am hellichten Tage – geköpft werden…als wäre es das Normalste der Welt?! Donald Trump mag in den Köpfen vieler Menschen ein Clown sein, aber er hat eine breite Schicht unzufriedener Amerikaner erreicht. Immerhin gibt es jede Menge Menschen, die mit der Politik des Establishments nicht zufrieden sind und auch diese Leute sollten Gehör finden.
Zwangsläufig wird ein Umdenken stattfinden, denn auch in Europa wird der Unmut größer werden! Die Welt ist gefährlich geworden und das haben wir solchen Menschen wie Merkel, Clinton, Obama & Co zu verdanken. Trump will sich mit Putin verbünden, möchte den IS bekämpfen und für Frieden sorgen – was daran falsch sein soll, erschließt sich mir nicht. Ich hab lieber einen Macho, der sexistische Sprüche macht, als zig Tausende, die den Wert einer Frau nicht zu schätzen wissen…
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ich glaube das war das Hauptproblem: Dass man im Endeffekt zwischen zwei Übeln wählen konnte. Ich glaube die Wahl wäre anders verlaufen mit einem Sanders.
Aber ich glaube trotzdem, dass daran einiges falsch ist, zum Beispiel an einem Bündnis mit Putin: Was hält ihn dann noch davon ab, komplett in die Ukraine einzumarschieren und das mit exakt den gleichen Argumenten wie Hitler damals in fremde Länder einmarschiert ist?
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Ich kann mich Nina anschließen. Wie Hillary in ihrer politischen Laufbahn agiert hat, ist absolut nicht tragbar! Jana, was deine Informationsbasis angeht: Wenn du dich für Russland und die Ukraine interessierst, wäre es empfehlenswert, dich mit Russen und Ukrainern zu unterhalten, sowie dich mit der Geschichte der beiden Länder zu befassen (kulturell und politisch). Du musst dir bewusst sein, dass in den Medien vor allem mit Emotionen gearbeitet wird und schon lange nicht mehr gut (vor allem objektiv) recherchiert wird, sondern die Menschen dort, vor allem daran interessiert sind, hohe Absätze zu machen (deswegen bewusst provokante, emotionalisierende Titel, Stories, etc.).
Viele Grüße
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Das habe ich, aber ich halte es noch immer für extrem kritisch, wie Russland gerade fröhlich mit Bomben um sich wirft…
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