Girlboss. Das scheint dieses Jahr DAS Wort schlechthin zu sein. Und wenn man kein Girlboss ist, ist man eine starke Frau. Beide Begriffe habe ich im Leben noch nie verwendet. Alles in mir sträubt sich dagegen, ganz automatisch. Dabei würde dass doch irgendwie auf mich zutreffen, oder nicht? Ich sage immer was ich will, ich habe mein eigenes Business, bin mein eigener Boss… Irgendwann, als ich wieder eine Story über starke Frauen gelesen habe, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was mich so stört.
Ich bin eine starke Persönlichkeit, das ist keine Frage. Ich finde, die Gleichstellung von Geschlechtern ist ein wichtiges Ziel und leider immer noch ein schleppender Prozess. Traditionelle Geschlechterrollen sind absolut nichts für mich, ich würde mich niemals von einem Mann aushalten lassen. Bei Sophia Thomallas Auftritt bei Hart aber Fair habe ich mich in Grund und Boden geschämt, wieso sollte mich dieser Begriff also stören? Genau deswegen.
Dadurch, dass bei jedem Beitrag, bei jedem Artikel deklariert werden muss, dass es sich bei dieser starken Persönlichkeit um eine Frau handelt, wird gleichzeitig eine Besonderheit ausgesprochen. Sie ist nunmal eine Frau, aber dafür ist sie stark. Seitdem ich lesen kann, habe ich nicht einen einzigen Artikel gelesen, in dem es um einen starken Mann geht. Ich fand den Begriff starke Frau schon immer herablassend und wieso ist mir mittlerweile bewusst. Jahrtausende bezeichnete man Frauen als das schwache Geschlecht und bis heute unterstreichen wir diesen Begriff, indem wir Frauen, die etwas schaffen als starke Frauen bezeichnen.
Einerseits degradiert es die Frau, um die es im Artikel geht. Obwohl die Beschreibung erstmal nach einem Kompliment klingt, sagt sie doch aus, dass diese Person für eine Frau stark ist. Das heißt, vielleicht ist sie Männern gar nicht gewachsen, vielleicht ist sie im Vergleich zu ihnen auch (ausnahmsweise) ebenbürtig, aber wenn man sich nur auf das eigene Geschlecht beschränkt, den Frauen, dann ist sie im Vergleich zu den anderen schon stark. Welch nettes Kompliment. Dadurch, dass Artikel herausheben, dass es besonders ist, dass diese starke Person eine Frau ist, wird gleichzeitig immer angedeutet, dass es sich um eine Besonderheit handelt und Frauen eben normalerweise nicht stark sind.
Ich bin weder starke Frau, noch Powerfrau, noch Girlboss. Ich bin ein Mensch, der weiß, was er will. Deswegen muss niemand mein Geschlecht hervorheben. Mit beiden Gechlechtern komm ich bestens zurecht, wenn ich möchte. Und sowohl Männer, als auch Frauen kann ich doof finden, oder kritisieren, ohne dafür als Antifeministisch bezeichnet zu werden, das hat nämlich nichts mit Girlpower zutun.
Ganz toller und wichtiger Artikel – danke!!!
Stimmt absolut. Wenn man immer hervorhebt, dass es sich bei dem „Boss“ oder der starken Person um eine Frau handelt, schafft man eine Norm die sagt: Das ist außergewöhnlich! Frauen sind „im Normalfall“ weder Boss noch stark. Und das ist ja genau das Gegenteil von dem, was die ganzen Girlboss Hashtags bewirken möchten.
Andererseits sieht die Realität natürlich absolut so aus, dass Frauen immer noch als schwacher/emotionaler/unstabiler als Männer angesehen werden. Wenn man herausstellt, dass es sich bei der starken Person um eine starke FRAU handelt, dann sagt man auch: Schaut her, das stimmt gar nicht, dass Frauen schwach sind! (Ich nehme an, das ist die gute Absicht, die dahinter steckt.) Ich weiß, dass viele Frauen durch die ganze Girlboss Geschichte ziemlich motiviert werden und auch sowas wie eine Community dadurch entstanden ist. Das finde ich ziemlich positiv – auch wenn es halt doch immer eine Gratwanderung ist, das Geschlecht explizit hervorzuheben.
Danke für den tollen Denkanstoß, Jana!!
Word! Je länger ich deinen Blog lese, desto grandioser finde ich dich.:)
Ach deswegen stört mich das so sehr… danke für’s in Worte fassen!
ENDLICH! Ich finde dieses #Girlboss Getue auch einfach gruselig. Endlich spricht mal jemand aus, was mich daran bisher eher unterschwellig gestört hat Es gibt schließlich kein #boyboss oder so
Alles Liebe,
Fee
Danke liebe Jana, danke. Mir geht dieses #Girlboss-Gelaber auch so auf den Geist. Und nein, nur weil ich das blöd und überheblich finde, bin ich definitiv kein Feminismus-Gegner oder denke, dass Frauen keine „Bossqualitäten“ haben. Ich komme aus einem emanzipierten Frauenhaushalt und finde das Wort trotzdem blöd. Weil es selbstverständlich sein sollte, dass Mädels auch stark, unabhängig und selbstbewusst sein können. Auch ohne, dass sie es ständig hervorheben.
Grüße, Malina
http://malinaflorentine.de
Den besagten Auftritt von Sophia Thomalla habe ich auch noch gut in Erinnerung…das war auf so vielen Ebenen einfach falsch, dass ich gar nicht wusste, wo ich gedanklich und auf sachlicher Ebene anfangen sollte dagegen zu argumentieren. Jemandem, der sich nie mit Gender Studies auseinander gesetzt hat im Schnellverfahren die Grundzüge einhämmern…senseless. Aus Verzweiflung und Fremdscham habe ich damals ausgeschaltet, sonst hätte es mich zerrissen. Zum Rest: Ja, ja und ja.
Liebe Jana,
vielen Dank für den fantastischen Blogpost! Du hast es genau auf dem Punkt gebracht. Diese Girlboss-Gerede geht mir inzwischen auch so auf den Keks. Wir leben im 21. Jahrhundert und hier dürfen Frauen Karriere, Kind und Kegel unter einem Hut balancieren. Natürlich klappt das nur mit Hilfe aus dem privaten und beruflichen Umfeld. Trotzdem ist es nicht unmöglich als Frau etwas großartiges aufzubauen und darauf auch stolz zu sein. Heutzutage kann als Frau Präsidentin werden, den Nobelpreis gewinnen, in den Weltall fliegen. Ich finde nicht, dass man Frauen gleich als „starke Frau“ abgestempeln soll, wenn sie etwas besonderes geleistet hat. Das klingt so, als wären Frauen sonst zu schwach, um etwas leistungsstarkes hervorzubringen. Hier nochmal ein großes Dankeschön an dich für deine ehrliche Worte, Jana.
Viele Grüße
Natalie
https://www.livolett.de
Guter Artikel!
Mich stört bei #girlboss oder noch schlimmer #bossbabe (zuletzt auf Snapchat gehört) zusätzlich noch, dass sie klarstellen, dass Frauen nicht nur stark, aber bitte auch noch niedlich (deshalb girl) oder heiß (babe) sein sollen. Kann man nicht einfach sagen „Frau“ und „Boss“ ohne Zusätze a la „stark“ und „babe“… Diese Geschlechterklischees gehören echt in die Tonne! Deshalb danke für deinen Blogpost!
Sehr guter Post! Du hast wirklich recht, wenn man schon gleichberechtigt, dann muss man das auch nicht so betonen. Auch wenn ich glaube das die „gleichberechtigung“ noch nicht überall angekommen ist und die Frau noch oft als die Schwächere angesehen wird.
Liebe Grüsse
Sylvia
http://www.mirrorarts.at/
Ein schöner Beitrag, finde ich sehr gut formuliert!
Toller Beitrag! Mich nervt dieses Gerede von girlbosses und „starken Frauen“ schon lange. Wir alle sind Menschen, wir sind mal stark, mal schwach, mal durchsetzungsfähig, mal dünnhäutig … und all das ist in Ordnung, bei Frauen wie bei Männern. Ich möchte nicht, dass wir auf „stark“ (d.h. erfolgreich, karrierebewusst etc.) reduziert werden, und schon gar nicht in dieser herablassenden Art: Sie ist eine Frau, aber TROTZDEM stark.
Super guter und wichtiger Eintrag!
Bin über den Newsletter von Bloglovin auf Deinen Artikel/Blog gestossen. Dort las ich die Headline und dachte: endlich!!!!! War klar, worum es gehen würde. Dein Artikel hat mich nicht enttäuscht, im Gegenteil: SUPER!
Was ich an deinem Blog super schätze, sind genau diese – deine – Meinungen, welche irgendwie ein klein wenig reflektierter erscheinen als das was man sonst so zu Themen wie z.B. diesem #girlboss in Fülle zu lesen bekommt. Danke!
Was für ein toller Post! Ich freue mich gerade tierisch, dass du diesen Begriff (endlich) aufgreifst und das aussprichst, was ich schon so lange denke. Es gibt aber noch eine Sache, die mich gerade an dem Begriff Girlboss unheimlich stört: Da schreibt eine 30-jährige Frau ein Buch über ihren Erfolg und ihren tollen Werdegang. Eine erwachsene Frau und betitelt das ganze mit GIRLboss? Wie kann man denn als Frau erwarten, von anderen Menschen Ernst genommen zu werden, wenn man sich selber zu einem Mädchen degradiert?! Das werde ich vermutlich niemals verstehen…
Liebste Grüße,
Cora
Liebe Jana!
Ein wirklich toller Artikel!
Ich habe mir diese und ähnliche Fragen ebenfalls schon häufig gestellt – und tue das immer noch, wenn ich so die aktuellen Schlagzeilen und Blogpost-Überschriften verfolge.
Ich glaube, viele Mädchen und Frauen wissen gar nicht, welche Botschaften sie implizit mit ihren Begriffen wie GirlBoss und #bossbabe und so weiter transportieren – und wie diese sich dann in die Gedächtnisse – nicht nur von ihnen – einbrennen. Sprachbewusstsein ist so unglaublich wichtig.
In diesem Zusammenhang fällt mir auch das „Mädels“-Phänomen auf: „War heute mit meinen Mädels essen.“ Welcher Mann schreibt: „War heute mit meinen Bübchen essen?“ Dieses Verniedlichungsgehabe von Frauen geht mir auch einigermaßen auf den Senkel, muss ich sagen. Wir sind Frauen. Fertig.
Danke für den Artikel!
Liebe Grüße
Jenni
du bringst es sowas von auf den punkt!
Lg, Jenny
http://www.theplaincircle.com