Ich habe den Roadtrip durch Amerika geliebt. All diese Eindrücke, die Landschaften, auch die Menschen… Alles irgendwie ein bisschen ähnlich zu Europa, aber völlig anders. Vor allem die Menschen: Amis sind super herzlich, quasi jeder der dir über wen weg läuft wird ein Lächeln auf den Lippen haben und das obligatorische „Hi, how are you?“ runter rattern. In jeden Geschäft, das man betritt wird man interessiert gefragt, wo man her ist und wenn man sich zwei Minuten unterhalten hat, kommt mit absoluter Wahrscheinlichkeit ein „I love your Hair (Oder Jeans, oder Shoes, oder Bag).
Und irgendwann wurden wir leicht genervt. Und dann fing ich an, diese ganze Schiene einfach aufzunehmen und mitzumachen. Ich, als ‚emotionslose‘ Deutsche, die einfach immer sagt was sie will, möglichst schnell auf den Punkt kommt, um keine Zeit und Worte zu verschwenden, habe Leute, die ich absolut nicht kenne und die mich überhaupt nicht interessieren gefragt, wie es ihnen geht. Nur um dann die immer gleiche Antwort zu erhalten. Allen geht es gut. Wieso frage ich überhaupt? Irgendwie fühlte sich das für mich falsch an.
Wie sehr mag jemand wirklich meine Schuhe, wenn er den nächsten 30 Personen genau das gleiche sagt, nur um etwas gesagt zu haben? Wem kann ich überhaupt noch etwas glauben, wie soll ich Menschen einschätzen, wenn man schon bei den kleinsten Sachen mit Lügen beginnt und ich irgendwann kein Kompliment, kein Interesse und kein nettes Wort mehr ernst nehmen kann?
Ich habe mich in Las Vegas mit einem jungen Arzt unterhalten, der versucht hat, mir die verschiedenen Abstufungen der amerikanischen Höflichkeit zu erklären. Man müsste darauf achten, wie der andere fragt und wie er sich dabei verhält und ich habe mich gefühlt wie ein emotionsloser Eisklotz, weil ich weder den Sinn verstand, noch wie ich das bewerkstelligen soll. Redet er jetzt auch nur mit mir, weil er höflich sein wollte?
Keine Lust auf Smalltalk gibt es hier nicht. Hier wird nicht einfach zur Sache gekommen. Ich bin im Land der Oberflächlichkeiten und mir fehlt der eingebaute Detektor, um hinter die Oberfläche schauen zu können. Ich würde jederzeit wieder in die USA fliegen, aber entgegen dem Traum vieler anderer Deutscher – wirklich leben könnte ich hier nicht. Ich glaube, der Umgang bedarf jahrelanger Übung und einer Menge Feinsinn, so genieß ich meine Auszeit in den USA, fliege vorfreudig zurück nach Deutschland und mir wird fast schon warm ums Herz als ich das „halten sie mal kurz die Klappe, ich muss hier eben was ausrechnen“ von der Frau von der Reinigung höre.
Na, die Amis sind wohl anders gestrickt als wir. Aber ich habe mir mittlerweile auch abgewöhnt bei anderen Leuten nachzufragen, wie es ihnen denn geht. Denn werde ich von Bekannten oder Fremden gefragt, da wird man den Teufel tun und sagen, wie es einem wirklich geht. Klar, es geht einem immer gut. Dann lieber ein Blick zum Himmel, das Wetter ist dann viel unverfänglicher als Gefühle
Wie es mir geht, das geht nicht jedem wirklich was an, oder?
Ich denke, Deine Erlebnisse zeigen einmal mehr, wie sehr wir von der Kultur geprägt werden, in der wir aufwachsen – und wie schwierig es ist, sich auf eine andere Kultur um- und einzustellen.
xx Rena
http://www.dressedwithsoul.com
Wow. Beautiful picture
xo Vanessa from http://www.Trendique-Magazine.com
Ich habe in der 11. Klassen ein Highschool Jahr in den USA gemacht und muss sagen, mir fehlte diese „Freundlichkeit“ fast ein wenig, als ich wieder zurück kam. Ich weiß noch wie ich in den ersten Wochen wieder am deutschen Gymnasium einer Mitschülerin, die ich nur so vom Sehen kannte, sagte, dass mir ihre Tasche gefällt. “ Willst du mich verarschen?“ kam zurück. Ich denke das ist alles immer sehr typabhängig, wie man damit umgeht. Es sind einfach reine Höflichkeitsfloskeln und keiner erwartet, dass die Frage ernsthaft beantwortet wird. Ein obligatorisches „good how are you“ und alle sind zufrieden Für ernstgemeinte Fragen nach dem Befinden hat man schließlich seine Freunde. Und ich muss sagen, ich bin noch nie so oft mit wildfremden, hilfsbereiten und interessierten Menschen ins Gespräch gekommen, wie während meines Austauschs. Allerdings dauert es meiner Erfahrung nach auch etwas länger, eine tiefergehende Beziehung aufzubauen, als hier in Deutschland.
Aber ich mag diese Mentalität sehr und freue mich schon auf meinen nächsten Aufenthalt wenn ich meine Freundin (aus der Highschool) das nächste Mal besuchen fliege
stimmt, ich bin mir sicher, man kann die Geschichte auch von der komplett anderen Seite aufziehen und vermutlich fühlen sich viele Amis auch in Deutschland nicht 100% wohl. Vermutlich ist es auch eine gewöhnungs- oder typsache
Im Ruhrpott hört man auch die schönsten Aussagen von fremden Menschen Letztens hat mir eine aus dem Auto heraus gebrüllt: Du da! Deine Schuhe sind auf, gleich fliechste auffe Fresse!
Herrlich herzlich die Menschen hier…
Liebst, Charlotte von Come as Carrot
hahahaha
Tatsächlich hab ich mir das auch schon so oft gedacht und mich immer gefragt, ob ich irgendetwas nicht erkenne, an dieser ständigen Freundlichkeit. Ob nur ICH alleine das komisch finde… Gut, dass ich damit offensichtlich nicht alleine bin
xx
ani von ani hearts
♥
Ich war noch nie in den USA, glaube aber, dass ich es mir genau so vorstelle, wie du es beschreibst. Und obwohl ich mir sicher bin, dass ich irgendwann genau so reagieren würde wie du, fehlt mir diese Offenheit in Deutschland zu oft. Neulich habe ich in einem weiteren Bekanntenkreis auf einer Küchenparty ein Mädel gesehen, die einen geilen Kimono trug. Und ich hab ihr gesagt: Voll das schöne Oberteil. Das Schlimme: Sie war vollkommen perplex.
In Deutschland wird eher mal gemeckert als gelobt und das sieht man auch oft daran, dass viele Frauen schon keine Komplimente annehmen können.
Wir müssen ja nicht den ganzen amerikanischen Braten essen, aberuns gerne mal ein Stück davon abschneiden
Lg
Julia | notyourcomfortzone.com
Ich finde es erfrischend zu hören, dass nicht alle sich gleich sofort vorstellen können, in die USA auszuwandern. Für einen begrenzten Zeitraum kann dies bestimmt sehr bereichernd sein. Aber wie du doch so schön beschrieben hast, bevorzuge ich die direkte deutsche Art und Weise auch sehr viel mehr!
Love, Isa Red | http://www.lookatisared.blogspot.de
Ich glaube in Deutschland ist es aber auch nicht viel anders. Wie oft wird man gefragt „wie geht es Dir?“ Aber will es derjenige wirklich wissen? Denn auch hier in good old Germanska ist es schon zu einer gängigen Floskel geworden, erstmal den Gegenüber nach seinem Wohlbefinden zu fragen. Allerdings merkt man auch hier, mit ein bisschen Feingefühl, ob es den Gegenüber wirklich interessiert oder ob man ganz beruhigt sagen kann „mir geht´s gut &dir?“
Ich habe schon in vielen verschiedenen Ländern gelebt (vor allem in Südamerika) und es ist immer schwer, sich auf eine neue Kultur und andere Normen einzulassen. Man interpretiert ja Dinge doch immer aus seinem eigenen Wertesystem heraus. Und kann daher auch mal was falsch interpretieren. Ich frage mich bei den Amis auch manchmal, ob sie mit ihrer ganzen Begeisterung und ihrem Positiv-Sein und ihren Komplimenten einfach „lügen“ oder ob sie das tatsächlich so empfinden. Vielleicht ist es bei ihnen einfach üblicher, Gefühle stärker zum Ausdruck zu bringen. In Deutschland müssen das ja schon sehr besondere Schuhe sein, bevor man etwas sagt. Den Amis reicht vielleicht das spontane Gefühl „hey, das gefällt mir“ um ein (durchaus ernstgeleintes) Kompliment zu machen. … Das ist jetzt meine den Amis wohlgesonnene Vermutung
Sehr interessant, ich war bisher noch nicht in Amerika, doch ich stelle mir die Mentalität auch schwierig vor.
Wow, das Foto ganz oben von dir ist wunderschön! ♥
Das Lied von Marina and the Diamonds passt einfach perfekt zu dem Beitrag!
XX,
http://www.ChristinaKey.com
♥
Die Frau von der Reinigung ist ja total cool :-)))). Wahnsinnig schönes Foto von dir!
Ich verstehe auch total, was du meinst. Ich hab in den USA mal den Fehler gemacht, auf die Frage „How are you?“ ernsthaft zu antworten, weil ich nicht wusste, dass man nur „Fine, thank you“ sagen darf. Daraufhin hat man mich angeschaut, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich verstehe den Sinn dahinter auch nicht wirklich – wenn man nicht wissen will, wie es jemandem geht, fragt man doch auch nicht danach? Aber naja, anderes Land, andere Kultur :-).
Ganz liebe Grüße und eine schöne Woche!
Kerstin
Puh, mir ging es ganz genauso als ich nach dem Abi für eineinhalb Monate in New York war. Ich hatte dort nur einen Deutschen getroffen und sonst nur Kontakt mit Amis. Am Schluss war ich derart genervt, dass ich auf dieses „How are you?“ manchmal wirklich ehrlich und ausführlich geantwortet habe. Nur um diesen dauergrinsenden Amis ein entsetztes Gesicht zu entlocken – ein ehrliche Reaktion, die ich einordnen konnte! Für mich wäre das da drüber auch nichts. Urlaub- keine Frage, aber hin ziehen, no way!
Das kann ich gut nachvollziehen – die Oberflächlichkeit ist auch, was mich hier in New York stört. Und die Ignoranz. In einer Stadt, in der manche Menschen zwei Jobs oder mehr haben und sich trotzdem keine Wohnung leisten können, in der sie sich wohl fühlen, habe ich vielleicht einen Gerechtigkeitssinn, der hier einfach nicht hinpasst. Ich liebe es, hier zu leben, aber gleichzeitig sind mir Dinge hier oft zu umständlich und ich wünsche mir oft, dass man schneller zum Punkt kommen würde. Und man muss so sehr aufpassen, wie man etwas sagt…es ist toll hier, aber ich freue mich auch wirklich wieder auf Europa im Oktober!
Liebe Grüße aus New York,
Alex
Tatsächlich hat mich diese Freundlichkeit in den USA weniger gestört als hier. Ich glaube, das hängt hier auch von der Gegend und dem Umfeld ab, aber ich kenne so viele dauer-glücklich-grinsende Menschen. Und ich finde nichts schlimmer, als wenn ich in der Uni oder beim Einkaufen immer gute Laune haben MUSS und nicht einfach mal grummelig sein darf und mit niemandem reden will.
Hi Jana,
deine Einstellung zu dem für Amerika typischen „how are you?“ kann ich gut nachvollziehen. Ich habe ein Jahr lang in den USA gelebt und habe Anfang dieses Jahres immer sehr ausführlich geantwortet wenn ich gefragt wurde wie es mir geht. Wirklich verstanden habe ich die Floskel jedoch erst nach einem halben Jahr, nachdem ich beobachtet habe wie die Amerikaner sich untereinander begrüßen. „How are you?“ „Good, and how about you?“ es ist eher eine Geste um zu zeigen dass mann sich für den anderen interessiert, eine wirklich, ehrliche Antwort wird nicht erwartet. Irgendwann lernt mann es einfach hinzunehmen genau wie die Komplimente, die einem manchmal doch ein Lächeln aufs Gesicht zaubern
aber wenn man keine ehrliche antwort erwartet, zeigt es ja doch, dass man eben kein interesse hat
Ich war schon sehr oft in Amerika, insgesamt 10 Jahre lang jeweils 4 Wochen. Mich persönlich nervt diese ganze aufgesetzte Freundlichkeit und Oberflächlichkeit. Das zieht sich nämlich nicht nur durch die amerikanische Höflichkeitskultur, sondern ist tiefgreifend in der Gesellschaft und sozialen Interaktion verwurzelt. In Amerika findet man kaum so tiefe Freundschaften, wie sie unser deutsches Verständnis voraussetzt. Komplexes Interesse am Gegenüber ist wenig bis gar nicht vorhanden. Man redet nicht groß über Probleme in Familie oder Partnerschaft, man macht das unter sich aus und strahlt nach außen hin immer das perfekte Bild voller Harmonie und Prestige aus. Um eine richtige Freundschaft in Amerika aufzubauen, benötigt man Jahre, alles richtet sich nach einem merkwürdigen Prozedere, in dem vor allem die Zeit eine wahnsinnig tragende Rolle spielt. Nach x Monaten ist man in jener Phase einer Freundschaft/Partnerschaft, in xy Jahren dann so und so weit. Für mich wiederum ein Zeichen der Oberflächlichkeit und Objektivierung. Amerika ist letzten Endes ein erzkapitalistisches, konsumorientiertes Land, in dem der Schein stets mehr zählt als das Sein. Unterhält man sich selbst mit gebildeten Amerikanern mal genauer, stellt man leider sehr schnell fest, dass sie unter den gebildeten, Erste-Welt-Nationen die mit Abstand dümmsten Plätze einnehmen. Ausnahmen kenne ich auch, leider ordnet sich aber der Großteil der mir bekannten Amerikaner in das traurige Stereotyp ein. Ich bin immer wieder froh, aus der „Alten Welt“ zu kommen.