Ich sitze gerade im Wohnzimmer und esse Avocadotoast. Es ist 16 Uhr und das hier ist meine Mittagspause. Irgendwie hab ich vergessen, etwas zu essen. Aber ist ja egal, ich kann ja Pause machen, wann ich will. Ich werfe einen Blick nach links, hinüber ins Hotel, direkt in den Konferenzraum, der mit unserem Wohnzimmer auf einer Ebene liegt.
Denke mir, dass die da vorn alle arbeiten und dass es irgendwie seltsam ist, dass ich nie in einer Konferenz oder einem Seminar sitze. Warum habe ich nicht so einen Block, auf dem ich mir notiere, was der vor mir so erzählt? Achja, ich bin ja selbstständig. Deswegen sitze ich hier und esse um 16 Uhr Avocadotoast zum Mittag. Aber trotzdem war es in diesem Moment ein seltsames Gefühl. Als hätte ich gerade erst realisiert, dass sich mein Leben absolut anders entwickelt hat, als ich und vermutlich mein gesamtes Umfeld es erwartet hätte.
Irgendwie bin ich Plötzlich mitten in Bali, irgendwie sehe ich mich plötzlich in einem Magazin entgegenblicken, das andere Leute sich tatsächlich kaufen und irgendwie hat sich mein Leben damals mit einem Fingerschnippen um 180 Grad gedreht.
Wenn ich etwas beichten muss, dann, dass ich nie ein besonders zielstrebiger Mensch war. Zumindest nicht auf lange Sicht. Ich bin irgendwie durch die Schule geschlittert mit einer meisterhaften Kunst um jeden Preis nur so wenig zu machen, wie absolut notwendig. Ich habe es sogar ein Jahr lang geschafft, kein Sport mitzumachen und das Abitur habe ich ehrlich gesagt nur deshalb ind er Tasche, damit ich mir keine Gedanken machen musste, was ich danach tun soll. Für mein Studium der Freiraumplanung habe ich mich in der Nacht vor Bewerbungsschluss beworben und auch wenn dieses Studium so langsam meinen Ergeiz und meine Leidenschaft für Design geweckt hat, hatte ich nie die Bestrebung, die beste zu sein. Neid – das war für mich nie ein großes Thema. Wenn irgendwer besser oder toller war, dann war das eben so… Viel zu sinnlos sich weiter damit zu beschäftigen. Es gibt Menschen, die von klein auf alles darum geben, so viel Aufmerksamkeit wie nur möglich zu bekommen. Die schon in jungen Jahren sagen, sie wollen unbedingt in die Medien – einfach erkannt werden. Irgendwann im Dschungelcamp landen um noch ein einziges mal von der Welt gesehen zu werden. Das war bei mir nie der Fall, deswegen war es auch alles andere als voraussehbar, dass ich irgendwann mal von einem Onlinemedium leben würde, auf dem ich mich selbst zeige.
So ging es sehr vielen: Bloggen, das war das Medium der „Menschen von nebenan“. Nichts, womit man irgendwie hoch hinaus kommen könnte. Solche Leute verschwendeten nicht ihre Zeit für ein zeitschluckendes Hobby, das sie letztendlich doch nicht ins Fernsehen und hoch hinaus bringt. Einen Blog habe ich in erster Line für mich selbst geschrieben. Man fand es als Blogger interessant, was seine Kollegen so machten: Wir haben uns ab und zu privat getroffen, bei einem Picknick oder im Café wenn man gerade in der gleichen Stadt war und wer ein Blog hatte, gehörte halt dazu. Instagram? Hat niemanden interessiert, genauso wenig, wie viele Leser dein Blog hat.
Dann bin ich eines Morgens aufgewacht und alles hat sich geändert. Zumindest hat es sich so angefühlt. Plötzlich gab es richtige Starblogger, man sieht sie ständig im Fernsehen und auf großen Werbeplakaten. Kayture ist das Gesicht von L’oreal (der war das Maybelline?) und Chiara hat eine fette Schuhkollektion. Bloggen ist jetzt in und irgendwo auch Wettbewerb geworden. Die Menschen, die Einstellung und vor allem die Gespräche und es ist extrem schwer, sich von diesem Sog loszumachen. „Blogger haben sich so verändert, mittlerweile wird nur noch geguckt, was der andere macht und ob man selbst weniger hat“ meinte letztens jemand, der schon seit langer Zeit immer wieder mit Bloggern zusammen arbeitet. Und das beschreibt die Situation, die ich früher nie verstehen konnte, aber in die ich mittlerweile immer mehr hineingesogen werde: Wir sind so sehr damit beschäftigt, nach links und rechts zu schauen, dass uns völlig entgleitet, was wir denn eigentlich haben. Weil wir unser Glück von anderen abhängig machen und das ist eine der dümmsten Eigenschaften, die wir Menschen uns aneignen können. Weil Glück völlig individuell ist und für jeden etwas anderes bedeutet: Ständig in der Öffentlichkeit stehen, überall auf der Straße erkannt werden? Wäre für mich ein Horrorszenario. Für andere bedeutet es die Welt. Mein persönliches Glück ist zum Beispiel die Möglichkeit, mich frei kreativ ausleben zu dürfen und Teile der Erde entdecken zu können, von denen ich vor ein paar Jahren nicht einmal geträumt hätte. Mir muss dabei nur klar sein, dass es völlig egal ist und mein persönliches Glück nicht schmälert, wenn jemand anders, besser, krasser ist. Weil jeder sein eigenes Tempo bestimmt. Weil mir ein Glas Bier in der Heimat manchmal wertvoller ist als ein Meerblick am anderen Ende der Welt und insbesondere die Front Row der nächsten Fashion Show. Weil andere im Konferenzraum auf der anderen Straßenseite sitzen, sich interessiert Notizen auf ihre Blöcke schreiben und pünktlich um 5 Uhr Feierabend haben, ohne sich Sorgen über Steuern und Selbstständigkeit machen müssen.
Es begab sich, dass ein sehr reicher Mann Urlaub auf einer wunderschönen Südseeinsel machte. An einem strahlend schönen Tag schlenderte er über die Insel und genoss das Leben. Er hörte die Geräusche der Tiere und des Meeres, das Zwitschern der bunten Vögel und das Rauschen des Meeres. Während er über den sandigen Untergrund des Strandes scheinbar glückselig dahin schwebte und über die Weiten des Meeres blickte, entdeckte er einen Fischer der zufrieden in der Sonne lag und den Tag genoss.
„Hallo Fischer“, begrüßte ihn der Millionär. „Was machst du hier?“ -„Ich liege in der Sonne und genieße den Tag. Weißt du, ich habe gestern so viele Fische gefangen, dass ich heute faul in der Sonne liegen kann.“ antwortete der Fischer.
„Aber“, sagte der Millionär, „ich verstehe nicht! Wenn du heute ausgefahren wärest, dann könntest du noch viel mehr Fische fangen und eine Menge Geld verdienen.“ -„Und was habe ich davon?“, fragte der Fischer.
„Na ja“, meinte der Millionär, „mit dem Geld könnest du dir ein größeres Boot kaufen und noch mehr Fische fangen und noch mehr Geld verdienen!“ -„Und was habe ich davon?“, fragte der Fischer erneut. „Mit dem vielen Geld, das du dann verdienst könntest du eine Fischfabrik aufbauen und dann bist du reich!“ -„Ja und was mach ich dann mit dem vielen Geld?“, fragte der Fischer. „Na, ja dann könntest du Urlaub machen auf einer wunderschönen Insel, das Leben genießen und in der Sonne liegen“.
Woraufhin der Fischer verschmitzt lächelte und meinte: „Ja was glaubst du denn, was ich gerade tue?“
– 1st photo by Max Motel
29 Comments
Ein wunderschön ehrlicher Post. Danke für diese Einblicke und danke für deine Gedanken!
Greetings & Love & a wonderful sunday
Ines
love this post!
lunjasky.wordpress.com
Lunjasky bloglovin
Jana, so ein toller Post. Da ist sehr viel wahres dran
Da wird einem ja bald schon mulmig. … das mit dem einem Jahr kein Sport in der Schule, immer irgendwie durchgekommen zu sein bis hin zu deiner Einstellung, dass man nicht zuviel nach links und rechts schauen sollte, die Verbundenheit mit deinem Zuhause. Selbst das mit den Steuern ist auch bei mir aktuell ein nervenaufreibendes Thema…
Ich finde auch, unser Glück hat nichts mit dem der anderen zu tun, jeder empfindet sein Glück individuell. Gerade das Thema Reisen scheint z. B. auch für viele ein Traum zu sein, wohingegen ich mein Glück wiederum darin sehe, in meinem eigenen Bettchen mit meinem Freund und Hund aufzuwachen – obwohl ich es natürlich liebe Urlaub zu machen. Aber ständig auf Achse zu sein, wäre einfach nichts für mich… Was mich stört ist, wenn andere anfangen einen zu vergleichen und da gehören auch leider andere Blogger und z. B. auch Agenturen zu. Das nervt mich ungemein…
Liebst,
die Steffi
Ich denke, gerade weil Du nicht vehement nach Erfolg gestrebt hast, bist Du so erfolgreich! Wunderbarer Post, der perfekt aufzeigt, dass Krampf gar nichts bringt.
xx Rena
http://www.dressedwithsoul.com
ein toller post und ehrliche Worte, habe ihn sehr gerne gelesen! die kleine Geschichte mit dem Fischer finde ich super schön dazu
liebst kati
http://www.katiys.com
Ein super schöner Post! Sehr ehrlich, find ich gut
xx
http://www.thefashionplaybook.de
Danke für diesen ehrlichen Post- liest man immer wieder gern! Liebe grüße!
http://www.redchillilounge.com
Super Post. Danke für die tollen Worte. Ich komme ja aus der Interior Blogger Ecke und da ist es noch nicht ganz so. Die meisten dieser Blogs machen Mamis, die mit den Kindern gerade zuhause sind so als Hobby und es gibt wenige, die damit etwas verdienen. Aber auch hier ändert sich die Richtung allmählich. Wobei ich das nicht so schlecht finde. Ich finanziere mir damit auch mein Studium teilweise, aber auch, wenn das Bloggen zum Beruf wird, sollte man das nicht zu verbissen machen. Und ich glaube „sich nicht mit anderen vergleichen“ sondern man selber sein ist dabei das beste. LG ♥
Wahre Gedanken… und genau das ist der Grund, warum der Blog für mich nur ein Hobby bleibt. Ich liebe meinen Job genauso wie meinen Blog und ich will mein Hobby nicht zu meinem Job machen. Wo soll ich dann noch abschalten?
Liebe Grüße
Deine Romi
von http://www.romistyle.de
Genau richtig! Ich musste über die Kurzgeschichte schmunzeln. Die hat mir vor Jahren eine Lehrerin vorgelesen und ich fand sie schon damals großartig: Es geht um’s glücklich sein im Hier und Jetzt, das ist es, was das Leben ausmacht.
Was für ein wundervoller Post! Ich muss dir von vorne bis hinten absolut zustimmen und finde es super, dass du deinen Erfolg nicht mit anderen Vergleichst und dich darüber definierst. Ich mag diese Art von persönlichen Kolumnen unheimlich gerne
Love, Kerstin
http://www.missgetaway.com/
Bereust oder vermisst du es eigentlich manchmal ernsthaft, dass du keinen mehr oder weniger klassischen Job hast? Beziehungsweise sofort in die Selbstständigkeit geschlittert bist und du dadurch wahrscheinlich wichtige Erfahrung nicht gemacht hast?
Toller, ehrlicher Post übrigens!
Lieben Gruß,
Jana
Was für ein wunderbarer Post! Und so viel Wahres, was du schreibst! Ich liebe deine Kolumnen und die Art wie du schreibst!
Ich schreibe meinen Blog auch in erster Linie für mich, um meine Gedanken, Projekte und Arbeiten zu ordnen und ihnen irgendwie Struktur zu geben. Das macht mich glücklich und gibt mir ein gutes Gefühl.
Liebe Grüße
Mira von FINDING FOXES
https://findingfoxesblog.wordpress.com/
Schöne, inspirierende Worte. Ich kann dir da nur zustimmen, dass wirklich nichts MUSS im Leben. Jeder sollte seinen eigenen Weg gehen und wenn es für den einen ein Bürojob ist, sei es für den anderen die Selbstständigkeit. Das ist doch absolut genau so richtig, wie es sein soll.
Außerdem finde ich persönlich, dass man nur mit anderen Menschen zusammen glücklich sein kann, wenn man es auch mit sich selber ist.
In diesem Sinne, schönen Sonntag
Love, Isa Red | http://www.lookatisared.blogspot.de
Ein wahnsinnig toller Text!
XX
Janika
YANIKAS BLOG
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♥
Liebe Jana,
Das mit dem Fischer ist im Original die Geschichte von Diogenes unter dem Feigenbaum
Viele Grüße
Friedrich
Diogenes ist mit bekannt und wahrscheinlich eher ein Extrembeispiel der Geschichte. So muss ich auch nicht unbedingt leben. Aber eine Geschichte mit einem Feigenbaum kenn ich gar nicht?
So ein schöner Post und so wahr
Grüße,
Johanna von http://dream-factory-of-my-world.blogspot.de
Ich versteh nur zu gut, was du meinst. Mittlerweile blogge ich ja auch schon sechs Jahre (oh Gott) und habe teilweise viele gute Freunde dadurch kennengelernt mit denen ich heute noch engen Kontakt habe. Doch genauso viele habe ich im Laufe der Jahre kennengelernt, die sich plötzlich für mich interessiert haben, weil ich bei MTV Networks arbeite …
Bloggen war, ist und wird für mich immer ein Hobby bleiben. Klar, verdien ich auch damit mein Geld, aber ich weiß, dass ich es bestimmt nicht hauptberuflich machen möchte. Das nimmt mir den ganzen Reiz. Außerdem ist es heutzutage wegen der Konkurrenz so schwierig, neben einem Vollzeitstudium und der Arbeit mit sehr begrenzten Ressourcen (Geld/Budget, aber vor allem Zeit) noch blogtechnisch erfolgreich sein zu wollen.
Wunderbar.. ganz toll geschrieben und ein super Beispiel welches du unten hinzugefügt hast.
Deine Ansicht zu diesem Thema gefällt mir richtig gut Jana!
Liebste Grüße Dilara
von http://www.missdilara.de
[…] Den Beitrag von Jana gestern, fand ich ganz […]
Wundervolle Bilder!
thedaydreamings.blogspot.com
Was für ein toller Text! Du hast so recht, aber ich muss dir gestehen, dass ich dein Leben und deinen Blog schon ein wenig beneide Aber im Positiven!!!
Darum ganz viele Komplimente und mach weiter so!
Lg Michaela
Ich liebe deine Posts. Du sprichst immer wieder Themen an, die einem zum Nachdenken anregen.
Ich finde auch man sollte den Moment leben und genießen, auch wenns einem oft schwer fällt.
Liebst Jenni
Fashionandshoeslove.com
Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Ich finde man sieht, dass in deinem Blog viel Liebe steckt. Das merkt man auch schon am Umfang der Beiträge. Den Fehler, den leider manche begehen ist es einen Blog zu eröffnen allein mit dem Ziel dadurch berühmt zu werden. Das ist eindeutig der falsche Weg.
Hey du,
ich habe dich grad durch einen Blogpost über einen Blogpost eines Blogpost gefunden und mir spontan zig Artikel durch gelesen. Ich kann nicht mehr wirklich mit reden, da ich eigentlich nicht mehr blogge, aber du sprichst mir aus der Seele. Ich hab mit naiven 14 Jahren angefangen zu bloggen (2004-2006) da hat man von Alltagsgeschichten erzählt, hatte 100 Follower, kannte sich beim Vornamen und hat sich jeden Tag guten morgen gewünscht. Dann hab ich nochmal 2012 angefangen und nach zwei Jahren gemerkt, irgendwie ist das was ganz anderes. Immer so kurze Kommentare „schön“ „toll“ „komm doch mal bei mir vorbei….“ Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass es nichts zur Sache tut was ich schreibe, egal wie viel Mühe ich mir mit Bildern gebe oder Erlebnisse mit anderen teilen möchte. Ich kann mir vorstellen (und es ja auch selber bei anderen Blogs beobachten), dass das mittlerweile noch viel schlimmer geworden ist. Mir war damals noch nichmal bewusst, dass man vom Blog lebem könnte, unvorstellbar.
Ich denke der Trend, wird sich irgendwann zurück entwickeln. Dann gibt es zu viele die oberflächlich sind, nur kurz ein paar Bildchen hin klatschen, fishing for compliments betreiben oder sich follower kaufen. Ich bin mir auch recht sicher, dass die Firmen das bald merken werden. (Hoff ich zumindest). Du hast auf jeden Fall einen ganz wunderbaren Blog, in dem ich jetzt noch ein bisschen stöbern werde.
Danke für diesen schönen Post
Ein wirklich superschöner Blogbeitrag, Jana! Die kleine Geschichte mit dem Fischer kenne ich schon länger und liebe sie einfach jedes Mal, wenn ich sie lese. Wie wahr das doch ist! Und man muss vor allem aufhören, sich ständig mit anderen zu vergleichen. Vergleichen macht dauerhaft nichts als unglücklich! ♡
Liebst,
Lisa von http://www.confettiblush.com