Mein Blick schweift am Spiegel vorbei, als ich mir gerade die Jeans anziehe. Es ist einer dieser Normalotage, an denen ich mir die nächstbeste Hose und T-Shirt schnappe und nicht weiter darüber nachdenke, wie ich aussehe. Aber dann bleibt mein Blick kleben und plötzlich verändert sich der Tag. Ich sehe die Dellen an meinem Oberschenkel, die Glühbirne scheint gnadenlos aus einem senkrechten Winkel auf mich drauf. Meine O-Beine, meine dicke Ader am linken Bein, die einfach nicht verschwindet. Bekomme ich jetzt vielleicht auch noch Krampfadern? Ich denke wie automatisch an all die perfekten Fitness Girls auf Instagram und an das nächste Bloggerevent – Tage, die wir am Pool verbringen und an denen ich mich so blicken lassen muss. Ich muss mich dringend zusammenreißen.
Da wurden sie mir wieder brühwarm präsentiert: Die Selbstzweifel. Die tiefe Unzufriedenheit, die so viele Menschen mit sich herum tragen, weil sie mal wieder realisieren, dass sie nicht perfekt sind und das auch nie sein werden. Die Angst, die dazu führt, dass Menschen sich unter’s Messer legen und sich das letzte bisschen Individualität aus ihren Gesichtern schnippeln lassen. Weil sie denken, das wird irgendwas ändern. Weil uns irgendwie von klein auf in die Wiege gelegt wird, dass wir gut sein dürfen, aber nicht zu gut. Dass wir stolz sein dürfen, aber nicht zu stolz. Dass wir sonst arrogant wirken und nun wirklich gar nicht so toll sind.
Und dann schreibt mir im gleichen Moment ein Mädchen unter ein Instagrambild, wie toll ich sei und wie neidisch sie auf meine Beine ist. Das ist so wahnsinnig verrückt – zum einen, weil unser Selbstbild meist ein ganz anderes ist, als das, was andere von uns haben, zum anderen, weil ich irgendwie selbst drin bin, in dieser ganzen perfektionistischen Instagramwelt. Weil ich die schönen Seiten zeige, die besten Fotos poste. Vom Rest bekommt ihr am besten gar nichts mit.
Ich möchte, dass ihr wisst, dass ich absolut nicht perfekt bin. Ihr sollt wissen, dass ich Cellulite habe und meine Nase schief ist. Meine Haare erinnern irgendwie an Schafwolle und Ich bin ein Chaot. Wenn ich euch eine schöne Ecke in meiner Wohnung zeige, dann ist die andere mit Sicherheit ein völliges Chaos. Ich blamiere mich häufig auf Partys und kann gar nicht zählen, wie oft ich mich schon vor der ganzen Menge auf die Klappe gelegt habe. Es gibt Tage, an denen fühle ich mich so furchtbar und so von Selbstzweifeln geplagt, dass ich am liebsten gar nicht das Haus verlassen will und manchmal fühle ich mich auch wahnsinnig alleine.
Ich schreib das, weil es gut tut. Weil ich weiß, dass es 99% von euch genauso geht und das absolut ok ist. Jetzt gerade geht es mir nämlich wieder relativ gut. Wer hat denn eigentlich behauptet, dass ich perfekt sein muss und wieso sollte ich mich schämen, am Pool rumzuliegen? Ich hab da keine Lust mehr drauf, dieses ewige verrückt machen geht mir auf den Geist. Es geht nicht darum, dass andere Menschen mich bestätigen, oder dass es Menschen gibt, denen es noch schlechter oder viel besser geht. Ich muss einfach anfangen, mich ganz oben auf die Liste, der Menschen zu packen, die mich lieben. Weil da überhaupt nichts falsch dran ist.
don’t be too hard with yourself. You’re doing the best you can.
29 Comments
Sind es nicht gerade die Ecken und Kanten die uns speziell, einzigartig, interessant und liebenswert machen? Wir sind unsere größten Kritiker und werden niemals perfekt sein. So What, genau das macht uns aus. LG
http://featheranddress.com
Sehr schön geschrieben! Selbstzweifel sind okay, denn sonst würde man ja in Hochmut versinken. Aber gehen lassen muss man sie dann auch wieder. Manchmal in Leichtigkeit leben ist wichtig. Ich finde das schwerste am älter werden ist, die Leichtigkeit und Unbeschwertheit zu bewahren. Andererseits lernt mich sich auch zu akzeptieren – ich finde mich jetzt zumindest viel schöner, wenn ich in den Spiegel blicke, als zu Teenie-Zeiten. Natürlich, Cellulite war da noch kein Thema;-) Liebe Grüße!
Danke!!!
Sehr schön und treffend geschrieben. Das fängt bei der Haarfarbe an und hört bei Charakterzügen auf. Man will immer das, was man selbst nicht hat und findet alle anderen schöner, besser oder was auch immer. Wir müssen uns da glaub ich alle viel öfter daran erinnern, dass das vollkommener Quatsch ist.
lg, Kathi
http://www.ilvieebella.com
Mir hat dein Betrag wirklich gut gefallen. Manchmal denke ich, dass wir in einer wirklich seltsamen Zeit des ständigen Selbstbetruges und der völlig überzogenen Ansprüche an sich selbst leben. Ob es unseren Körper, unseren Charakter oder unsere eigene Lebensgeschichte betrifft, ständig muss alles optimiert werden. Aber wenn man allein ist und still für sich darüber nachdenkt, merkt man erst, wie absurd und völlig überflüssig das alles ist.
Viele Grüße vom Generation Y – Blog:
http://stillerevolution.blogspot.de/
Liebe Jana,
du hast es perfekt beschrieben. Wie oft stehe ich vor dem Spiegel und denke mir, dass ich nie so toll sein werde, wie all die perfekten Blogger auf Instagram oder die Models von VS. “Nimm dich doch so wie du bist“, sagt meine Mutter ständig, und Recht hat sie! Aber es kommen immer wieder diese Momente, in denen ich nicht ich selbst sein will, das ist halt so.
Eigentlich bin ich ja ganz zufrieden mit mir, es könnte deutlich schlimmer sein. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, zu akzeptieren wer oder wie ich bin. Ich versuche einfach eine bessere Vision von mir zu werden und das zu ändern, was möglich ist, was mich in MEINEN Augen besser macht, aber nicht grundlegend anders. Stil zeigen, gesund sein, glücklich sein. Dafür und auch darüber führe ich meinen Blog; meine ständigen Bemühungen, das Beste aus mir herauszuholen. Aber eben mit dem was mir in meinem Körper zur Verfügung steht, immer mit dem Wissen, dass andere besser sind als ich. Aber das kann ich dann gut und gerne akzeptieren.
Liebe Grüße
Kathi
Von The constant efforts
Wie verrückt. Und gestern zeigte ich einer Freundin eines deiner Fotos auf Instagram und sagte: „Wie kann man nur so unverschämt lange und dünne Beine haben wie sie“.
Ich war allerdings nicht diejenige, die unter dein Bild geschrieben hat. Weil ich dachte, ach, das weiß sie sicher selbst und wenn nicht, bekommt sie es eh ständig gesagt.
Ich verspreche dir, das nächste mal schreibe ich dir
Hallo Jana,
vielen Dank für diesen tollen Text! Ich finde es irgendwie sehr beruhigend, dass selbst eine Schönheit wie du, mit Beinen bis in den Himmel, sich ab und an solche Gedanken macht. Ich hätte niemals gedacht, dass jemand mit deiner Figur darüber nachdenkt, vor wem auch immer er am Pool liegen muss. Du hast absolut Recht, niemand ist perfekt und das verlangt auch keiner von uns. Es ist dumm, sich selbst immer so unter Druck zu setzen, aber ich mach das auch immer wieder.
Liebe Grüße,
Kerstin
Oh wow so schön geschrieben… Ich gebe dir total recht, uns selber vergessen wir häufig, leider. Aber die Menschheit ist ein bisschen verrückt geworden, wir sehen nur noch was wir nicht haben, was uns fehlt. Aber dass es uns gesundheitlich gut geht, dass wir vielleicht dünne Haare haben, dafür schöne Augen haben, vergessen wir oft. Wir sollten uns nicht am Massstab „Perfekt“ messen, sondern Freude an dem haben was wir haben und vorallem was wir sind! Denn das macht der Mensch überhaupt aus und ist das was zählt…
Grüsse Nadine
Ach Jana, mal wieder sehr schön geschrieben. Ich hab fast die selben Beine wie du und mag sie ebenfalls nicht. Mir sind sie zu dünn und ich kann mich bis heute einfach nicht damit anfreunden. In Jeans ist alles in Ordnung aber in einkurzes Kleid traue ich mich nur selten bis garnicht.. mir sagt zwar jeder ich hab einen an der Klatsche aber das wird sich wohl nie ändern.
Freut mich, dass du so ermutigende Worte gefunden hast
Ganz liebe Grüße Dilara
von http://www.dilarafeenstaub.wordpress.com
Ich bin froh dass du diesen Beitrag veröffentlicht hast, du hast genau die richtigen Worte gefunden! Sehr schön geschrieben!
Jana, du kannst schreiben! Eine wundervolle Message, fast genauso gut verpackt!
Mir geht es momentan genauso wie dir – langsam überwinde ich die Selbstzweifel und kacke fett drauf. Gleichzeitig versuche ich dieses Gefühl auch anderen Freundinnen mitzugeben. Ich bin verliebt in deinen Schreibstil – immer weiter so!
LG Ana
Dieser Text ist wunderschön und ja, genau so fühle ich mich auch oft!
Wow Jana, dieser Post hat dich echt nochmal 1000 Mal sympathischer und echter gemacht, obwohl ich dich immer schon sehr cool fand
Alles Liebe,
Fee von Floral Fascination
Toll geschrieben, ich lese deine Texte so wahnsinnig gerne. Instagram ist einfach nur ein Bild von uns, das wir selbst erschaffen. Wie eine große Blase in der es ganz gemütlich ist zu leben!
Liebe Grüße,
Leonie
http://www.allispretty.net
Jana, du sprichst mir aus der Seele, es wird immer wen geben der dünner straffer oder in den eigenen Augen schöner ist. Bleib einfach so wie du bist, authentisch, wen interessieren da Dellen am Hinter, die haben wir ins unseren photogeshoppten Welt eigentlich alle und wenn es die Dellen im Kopf sind
Liebst,
http://www.madlenboheme.com
Das hast du wirklich schön geschrieben! Es ist so schön auch einmal etwas anderes zu hören als immer nur die eigenen selbstzerstörerischen Gedanken, oder?
Ich habe vor einiger Zeit über ein ähnliches Thema geschrieben: Über Selbsthass und wie man aufhören kann, sich selbst zu sabotieren. Vielleicht findest du ja dort noch weitere Inspiration.
http://vanilla-mind.de/ich-sabotiere-mich-gern-selbst-und-du-5-wege-damit-endlich-aufzuhoeren/
Liebe Grüße und bitte mehr solcher Denkanstöße!
Melina
So ein schöner und sympathischer Post, liebe Jana! Damit sprichst du wahrscheinlich dem Großteil von uns aus der Seele – mir auf jeden Fall
Lustigerweise habe ich mich erst heute mit einer Freundin unterhalten, ob es nicht langsam an der Zeit wäre, prophylaktisch Stützstrümpfe zu tragen, weil mich diese super dicke Vene auf meinem linken Schienbein echt etwas beängstigt
Du wärst also nicht alleine mit deinen Krampfadern
Liebe Grüße
Ina
http://www.ina-nuvo.com
Danke für diesen Text!
Ich finds immer wieder schön, wie ehrlich du bist.
Und es tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist, mit all diesen Selbstzweifeln, den Blicken in den Spiegel und dem Gefühl, dass alle anderen perfekt sind, nur man selber nicht.
LiebsteGrüße, Ziska ♥
Jeder sollte sich so akzeptieren wie er ist. Wenn sich Menschen für die Schönheit unters Messer legen wollen, sollen sie es tun, wenn sie sich danach selbstsicherer fühlen. Ich werde es niemals tun, denn ich habe viel zu große Angst vor den Risiken. „ich liebe mich“
xoxo Lynda
http://fashion-petite.blogspot.com/
Super cooler Post, ich liebe so ehrliche Posts. Das betrifft wahrscheinlich jeden von uns. Es gibt Tage da fühlt man sich wie der König der Welt und dann fühlt man sich so mies das man sich selbst nicht leiden kann.
Liebe Grüsse
Ach Jana, genau deswegen lieben so viele deinen Blog, weil du einfach so mega normal bist ! ich hatte auch schonmal angefangen darüber zu schreiben, wie oft ich mich unwohl fühle – aber wenn ich das anspreche, sogar unter Freunden, ist die Reaktion oft „mann also du kannst dich doch echt nicht beschweren, wie solln sich denn da andere fühlen“. Ok, also dann doch nicht…
ich gehöre übrigens auch zu der crew, die deine Beine anhimmelt!!!!!! haha
Lg aus Paris!
http://www.once-in-paris.com
Auf den Punkt!
Danke für den Beitrag. Schön geschrieben und so viel unausgesprochene Wahrheit.
Hallo Jana,
ich les dich jetzt schon seit Jahren und habe, glaube ich, noch nie kommentiert, aber heute muss es mal sein!
Als ich dich letztens mal wieder in Münster in der Innenstadt beim Shoppen gesehen hab (und mir ein bisschen vorkam, wie ein Stalker, weil ich wusste, wer du bist), habe ich mir so gedacht: „Mensch, eigentlich ist die ja ganz normal!“ Nicht, dass du nicht wunderhübsch und groß und super angezogen gewesen wärst, aber eben auch richtig normal. Und deshalb ist es herrlich zu hören, dass dich tatsächlich die selben Dinge beschäftigen, wie jeden anderen – oder zumindest mich!
Dein Blog ist klasse und ich danke dir für diesen Post ♥
Hallo Jana,
Wir Frauen finden doch immer etwas an uns, was nicht richtig ist oder was wir richtig hässlich finden. Glaub mir, viele Fotos auf Instagram sind bearbeitet. Wozu gibt es Photoshop. Sei nicht so kritisch mit dir selbst.
Gestern habe ich einen schönen Satz gehört: „Schönheit vergeht, ein toller Mensch bleibt man für immer“.
LG Karin
[…] dem Umgang damit auseinanderegesetzt. Auch Jana von bekleidet.net hat letzte Woche einen schönen Text über Selbstzweifel geschrieben und darüber, dass auch sie eigentlich nur ein ganz normales "Mädchen" mit Ecken und […]
Liebe Jana,
ein sehr schöner und wahrer Text – ich hab mich da in deinen Zeilen 1:1 wiedergefunden. Mit sich selber ist man so unendlich viel kritischer als alle anderen – bei anderen Menschen sieht man das große Ganze, die ganze Ausstrahlung und Lebendigkeit, aber im Spiegel fokussiert man sich so schnell nur auf die vielen kleinen Unperfektheiten.
Manchmal gucke ich mir Leute an, die ich wunderschön und toll finde – und sobald ich mir dann vorstelle, ihren Körper zu haben, fallen mir direkt die Details auf, die mich dann an mir selber stören würden. Ich glaube, es liegt nicht am Körper. Es liegt am Kopf.
Vielen, vielen Dank für diesen schönen, ehrlichen Beitrag! Es tut der Seele gut mal so etwas zu lesen.
Ich finde es sind die kleinen Unregelmäßigkeiten die einen Menschen einzigartig machen. Wäre es nicht langweilig wenn jeder „perfekt“ ist? Man sollte sich immer so lieben wie man eben ist. Ich danke dir für den tollen Artikel